SPAM-Mail ist unzulässige belästigende und damit wettbewerbswidrige Werbung

Unverlangte E-Mail-Werbung, auch SPAM-Mail genannt, ist nicht nur nervig und lästig, kann auch Schadcode enthalten sondern ist auch noch rechtswidrig. Dies hat der Gesetzgeber auf EU-Ebene in Art. 7 Abs. 2 der E-Commerce-Richtlinie und in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb geregelt. Danach ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen, wenn Werbung unter Verwendung elektronischer Post – so werden E-Mails im Gesetz genannt – ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten (E-Mail-Empfängers) vorliegt.

E-Mail-Werbung kann zulässig sein

Wer jedoch zuvor im Online-Shop des Werbemail-Absenders etwas bestellt hat, darf Werbemails bekommen, wenn es sich um Werbung für ähnliche Waren oder Dienstleistungen handelt, der Kunde und E-Mail-Empfänger über die Verwendung der E-Mail-Adresse und sein jederzeitiges Widerspruchsrecht bei der Erhebung und bei jeder Werbe-E-Mail informiert wurde und nicht widersprochen hat, § 7 Abs. 4 UWG. Wer dennoch unverlangte Werbe-E-Mails verschickt, muss mit Abmahnungen rechnen, in denen er aufgefordert wird, die Abmahnkosten zu zahlen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. In der strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungerklärung wird eine Vertragsstrafe für den Fall versprochen, dass erneut gegen das Unterlassungsversprechen verstößt. Und genau auf den Verstoß und die Vertragsstrafe spekuliert das Unternehmen hinter SPAM-Krokodil.

Neben dem UWG muss man als Versender von Werbe-E-Mails noch das Datenschutzrecht beachten und bedarf auch nach § 28 Abs. 3 BDSG eine Einwilligung des E-Mail-Empfänger in die Verwendung der E-Mail-Adresse, die regelmäßig ein personenbezogenes Datum ist.

Daher wird die Mehrzahl der Spam-Mails aus dem Ausland verschickt, wo sie nur schwer rechtlich zu erreichen sind.

SPAM-Krokodil verspricht kostenfrei gegen E-Mail-Werbung vorzugehen

Ein Unternehmen aus Berlin trat mit dem Versprechen an: „Das Krokodil sorgt zuverlässig für einen werbefreien Posteingang“ – obwohl das Versprechen nicht eingehalten werden kann und nur gegen gemeldeten Spam von deutschen Absender vorgegangen wird, bei denen die Wahrscheinlichkeit besteht, die Abmahnkosten erstattet zu bekommen und auch noch eine Vertragsstrafe zu erwirken. Zudem war für die Kostenlosigkeit der Dienstleistung geworben wurde, obwohl eine Hauptgegenleistung in der Abtretung der Ansprüche aus Vertragsstrafen besteht, aus denen das Unternehmen seinen Dienst finanziert. Zudem sind auch weitergehende Ansprüche gegen die Spam-Melder nicht ausgeschlossen sind. Das Unternehmen, welches SPAM-Krokodil betreibt, leitet und finanziert die rechtlichen Schritte, kümmert sich um alles und entscheidet, ob gegen die eingereichten E-Mails rechtlich vorgegangen wird. Hierin sah eine Rechtsanwaltskanzlei aus Cottbus die Erbringung von Rechtsdienstleistungen, § 2 Abs. 1 RDG (RDG = Rechtsdienstleistungsgesetz),  für die das Unternehmen keine Erlaubnis hat. Somit liegt nach § 3 RDG eine unerlaubte Rechtsdienstleistung vor. Die Erbringung von Rechtsdienstleistungen ohne die dazu erforderliche Erlaubnis stellt einen Wettbewerbsverstoß dar, § 3a UWG.

Ansehen von Abmahnungen und Vertragsstrafen

Durch dieses Vorgehen wird, nach der hier vertretenen Auffassung, der sich auch das LG Hamburg angeschlossen hatte – einerseits das Rechtsinstrument der Abmahnung und Vertragsstrafe beeinträchtigt, da hier in der Erzielung der Vertragsstrafen der Haupteinnahmezweck des Unternehmens besteht. Die Nutzung des Rechtsinstruments der Abmahnung mit dem primären Ziel der Einkunftserzielung schädigt das Ansehen dieses an sich berechtigten und von Rechtsprechung und Gesetzgeber vorgesehen Instruments und damit das Ansehen der Anwaltschaft auch in berechtigten Fällen und des Rechtssystems insgesamt. Die Cottbuser Rechtsanwaltskanzlei, in der ich zu der Zeit tätig war, hatte daher vor dem Landgericht Hamburg (LG Hamburg, Beschluss vom 01.06.2016, Az. 312 O 246/16) wegen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz und das Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb eine einstweilige Verfügung gegen das Spam-Krokodil und deren tragende Werbeaussagen erwirkt. Um keine Zweifel oder Missverständnisse aufkommen zu lassen, sei ausdrücklich klargestellt, dass damit keineswegs Spam-Mails gefördert oder auch nur unterstützen werden sollten. Es soll nur niemand auf die irreführenden Werbeaussagen reinfallen, sich mit Spendeversprechen locken lassen und dabei ihm nicht transparente Kostenrisiken eingehen und das Ansehen von (berechtigten) Abmahnungen und der Anwaltschaft geschützt werden.

 

Bei Fragen zu Datenschutz und Wettbewerbsrecht steht Ihnen RA David Seiler gerne zur Verfügung.

Foto: Danke an David Hettisch für das Krokodilfoto

 

Update: zwischenzeitlich wurde eine Abschlusserklärung abgeben. Das bedeutet, dass die vom Landgericht Hamburg erlassene einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt wurde.

Update 2: Das Landgericht Berlin (Urt. v. 20.9.2016, Az. 15 O 6/16) hat entscheiden, dass auf dem oben dargestellten Geschäftsmodell basierende Abmahnungen und die damit geltend gemachten Gebührenforderungen rechtsmissbräuchlich sind.

Update 3: Da sich die Rechtsanwaltskanzlei, die den Beschluss des LG Hamburg vom 01.06.2016, Az. 312 O 246/16 erwirkt hatte, zwischenzeitlich aufgelöst hat, wurde im Dezember 2017 der Verzicht der Rechte aus dem Beschluss erklärt.

Update 4: Laut einer Meldung der Kanzlei Härting lies das Kammergericht Berlin dem „Spam-Krokodil Zähne nachwachsen“ (Newsletter Dezember 2017) und verweist dabei auf die Entscheidung (Urt. V. 5.9.2017, Az. 5 U 150/16)  durch die die unter Update 2 genannte Entscheidung des LG Berlin abgeändert wurde.