Gerade Ärzte, die viel in Fortbildung und Gerätepark investiert haben und sich starker Konkurrenz ausgesetzt sehen, müssen – und dürfen auch – Werbung betreiben. Dabei müssen sie jedoch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und das Heilmittelwerberecht beachten. Wer hier die nötige Compliance vermissen lässt, riskiert kostenpflichtige Abmahnungen, wer uneinsichtig ist sogar Unterlassungsklagen und bei neuerlichem Verstoß Ordnungsgelder bis 250.000 Euro oder sogar bis zu 6 Monate Ordnungshaft. Unzulässige Werbematerialien, Broschüren, Flyer etc. sind einzustampfen.

Einige Fehler zeigt exemplarisch der vom Oberlandesgericht (OLG) München entschiedene Fall:

Ein Facharzt für Augenheilkunde hatte
1. mit der Aussage geworben, über das derzeit modernste Augenzentrum Süddeutschlands zu verfügen,
2. den Begriff „Laserklinik“ gebraucht,
3. für ein kostenloses Erstgespräch geworben, in dem eine individuelle körperliche Untersuchung erfolgt und
4. das Hygienezertifikat www.deutsches-Hygienezertifikat.de werblich verwendet.

Dagegen hatte ein „Verband zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs“ mit über 2.000 Mitgliedern, unter anderem der Industrie- und Handelskammer, dem Berufsverband der Augenärzte D. e.V. und der Landesärztekammer B. vor dem OLG München geklagt. Der Augenarzt wurde zur Tragung der Kosten und zur Unterlassung verurteilt, OLG München, Urteil vom 15. Januar 2015 – 6 U 1186/14.

Das Gericht sah diese Werbung als irreführend an (§§ 3, 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UWG – Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb).

Der Begriff „Klinik“

Die Bezeichnung „Laserklinik“ ist wettbewerbswidrig, weil sie irreführend ist. Der Arzt hat keine nach § 30 Gewerbeordnung erforderliche Konzession zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt, noch kann er die stationäre Betreuung der Patienten gewährleisten. Die Adressaten der Werbung würden unter „Klinik“ ein „Krankenhaus“ verstehen, in dem Tag und Nacht die stationäre und personelle Ausstattung für Komplikationen und Notfälle vorhanden sei. Gleiches hat das Gericht bereits zum Begriff „Zahnklinik“ entschieden.

Kostenloses Erstgespräch mit individueller Untersuchung (Augenmessung)

Die kostenlose Augenuntersuchung in Hinblick auf die Laserbehandlung und die entsprechende Beratung stellt eine „Werbung für eine Behandlung“ dar, die unter das Heilmittelwerberecht fällt, § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG. Die Beratung und Untersuchung stellen eine unzulässige kostenlose Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 HWG dar, da sie als Teil der Hauptleistung nach der GOÄ abzurechnen wäre.

Hygienesiegel

Die Verwendung des Hygienesiegels ist irreführend, da die angesprochenen Patienten davon ausgingen, dass es sich um eine Auszeichnung für einen besonders guten Hygienestandard handelt und nicht nur um die Bestätigung der selbstverständlichen Einhaltung der gesetzlichen Mindeststandards. Dass die vorgeschriebenen Hygienestandards eingehalten werden, ist eine Selbstverständlichkeit, die man nicht werblich herausstellen darf (unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten).

Modernstes Augenzentrum

Warum die Werbeaussage „derzeit modernstes Augenzentrum“ unzulässig ist, hat das OLG München nicht näher dargestellt, weil die Verurteilung in diesem Punkt nicht angegriffen wurde. Inhaltich handelt es sich um eine sogenannte Spitzen- bzw. Alleinstellungsbehauptung. Derartige Behauptungen sind nur dann zulässig, wenn sie nachweisbar wahr sind. Dies ist schon deshalb schwierig, weil der Beurteilungsmaßstab unklar ist (die Gerätschaften, die Behandlungsmethode, oder gar die Architektur). Offenbar konnte der Augenarzt seine Spitzenstellungsbehauptung nicht beweisen. Besser wären Aussagen wie „… behandeln wir Sie in unserer sehr modern eingerichteten Praxis“.

Praxistipp:

Fragen Sie, bevor Sie Ihre Werbung schalten, einen Anwalt, ob diese wettbewerbsrechtlich zulässig ist. Nutzen Sie unsere „juristische“ Vorsorgeuntersuchung und vermeiden Sie spätere (finanzielle) Schmerzen.

David Seiler – Cottbus, den 02.06.2015
Rechtsanwalt
berät unter anderem zu Fragen des Wettbewerbsrechts