Schadensersatz bei Fotorechtsverletzung und Angebote für Fotoaufträge – Modefotos für Kunden des Herstellers

Aus dem hier zu besprechenden Urteil lässt sich viel für die Erstellung von Angeboten für Fotoaufträge und die Vertragsverhandlung lernen, um nicht selbst Schadensersatz einklagen zu müssen. Damit lassen sich teure Gerichtsverfahren vermeiden und Geschäftsbeziehungen erhalten.

Der Fall: nicht lizenzierte Modefotos auf Webseite

Ein Modefotograf erhielt von einem Modehersteller den Auftrag, Modefotos herzustellen. Er hat für 6.030 Fotos ein Gesamthonorar ohne Reisekosten von 37.022,- Euro erhalten. Daraus errechnet sich ein Honorar pro Foto von rund 6 Euro.

11 der Fotos wurden über 11 Monate auf der Webseite eines Modehändlers eingestellt (juristisch ausgedrückt: zum Abruf bereitgehalten, vgl. § 19a UrhG). Der Fotograf lies daraufhin den Modehändler abmahnen und klagte schließlich auf 8.910,- Euro Schadensersatz wegen Urheberrechtsverletzung und Erstattung von rund 1.700,- Euro vorgerichtliche Anwaltskosten für die Abmahnung.

Das Urteil zur Schadensersatzhöhe

Nachdem ihm das Landgericht 4.400,- Euro Schadensersatz zugesprochen hatte, erkannte das Oberlandesgerichts (OLG) Hamm nur einen Schadensersatz i.H.v. 110.- Euro und Erstattung von 1.099,- Euro Abmahnkosten zu.

Urteil des OLG Hamm vom 17.11.2015, Aktenzeichen 4 U 34/15

Einfache statt ausschließliche Nutzungsrechte

Das OLG ging davon aus, dass der Fotograf dem Modehersteller nur einfache Nutzungsrechte (siehe § 31 Abs. 2 UrhG) für eigenen Werbezwecke (Homepage, Katalog, Poster, Pressearbeit) eingeräumt hat und keine ausschließlichen Nutzungsrechte (exklusive Nutzungsrechte – siehe § 31 Abs. 3 UrhG), also auch nicht das Recht, Folgelizenzen an die Händler zu geben und ihnen die Nutzung der Fotos zu erlauben. Folglich konnte der Hersteller dem Händler keine Nutzungsrechte an den Fotos einräumen. Der Händler hat dies nicht vor der Nutzung abgeklärt und handelt damit zumindest fahrlässig (nicht sorgfältig = schuldhaft, siehe § 276 Abs. 2 BGB).

Höhe des Schadensersatzes nach MFM

Dem Fotograf steht also Schadensersatz nach § 97 Abs. 2 UrhG gegenüber dem Händler zu. Die Höhe des Schadensersatzes könnte sich zwar nach einer eigenen Preisliste berechnen, wenn diese nachweisbar regelmäßig zum Einsatz kommt, was hier nicht der Fall war. Die MFM-Honorarübersicht, die üblicherweise bei der Schadensersatzberechnung herangezogen wird, ist nicht für die Unterlizenzierungen vom Modehersteller an seine Händler anwendbar. Statt dessen wird der Schadensersatz nach der sogenannten Lizenzanalogie ermittelt. Das OLG erläutert hierzu:

„Danach kann der Verletzer die Vergütung verlangen, die ihm bei ordnungsgemäßer Nutzungsrechtseinräumung gewährt worden wäre. … Bei der Berechnung der angemessenen Lizenzgebühr ist … darauf abzustellen, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte,….. Für die Berechnung … spielt es keine Rolle, ob die Parteien bereit gewesen wären, einen Lizenzvertrag abzuschließen, ob … eine angemessene Lizenzgebühr zu bezahlen oder ob der Verletzer mit der Verwertung des Werkes Gewinn oder Verlust erzielt.“

Das OLG errechnet aus der Anzahl der Fotos und dem gezahlten Honorar einen Lizenzschaden i.H.v. 6,14 Euro pro Foto. Das OLG hat also in dem Fall NICHT auf die MFM-Honorarübersicht abgestellt, sondern auf das was die Parteien zuvor vereinbart hatten. Deshalb ist beim Einklagen von Schadensersatz auf der Basis von MFM-Honorar Vorsicht geboten, wenn man selbst zuvor niedrigere Angebot oder günstigere Verträge über die Fotos mit dem Verletzer hatte. Wie im konkreten Fall besteht dann die Gefahr, dass man mit einem nicht unerheblichen Teil seiner Klage abgewiesen wird, obwohl man im Kern Recht bekommen hat, und dann die Gerichts- und Anwaltskosten für den Teil der Klage bezahlen muss, der abgewiesen wurde. Das kann schnell auch mal mehr sein als das was man als Schadensersatz zugesprochen bekommen hat.

Schadenersatz für unterlassenen Urhebervermerk

Der Fotograf hat als Urheber einen Anspruch darauf, dass seine Urheberschaft im Zusammenhang mit der Nutzung seiner Werke anerkannt wird. Die erfolgt durch einen Urhebervermerk, § 13 UrhG. Ein Urhebervermerk (teils auch Copyrightvermerk genannt) muss dem Werk eindeutig zuordenbar sein. Eine Namensangabe in den Dateieigenschaften genügt nicht. Üblicherweise wird ein Aufschlag von 100% als Schadensersatz zugesprochen. Grund hierfür ist u.a. die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts und der entgangene Werbewert. Im konkreten Fall schätzt das Gericht den Werbewert jedoch bei der Nutzung durch einen kleinen lokalen Einzelhändler gering ein. Zusammen mit dem Schadensersatz für die Verletzung der Vervielfältigungs- und Veröffentlichungsrecht von rund 6,14 Euro erkennt das Gericht einen Schadensersatz i.H.v. 10 Euro pro Bild, also 3, 86 Euro für den unterlassenen Urhebervermerkt und damit etwas mehr als 50 % Aufschlag an.

Tipps für Angebot für Fotoaufträge: Checkliste Fotoauftragsinhalt

  1. Schon in der Angebotsphase hätten Fotograf und Auftraggeber umfassend alle benötigten Rechte aushandeln und genau aufschreiben sollen. Hierzu gehören die Punkte
    a) einfache vs. ausschließliche Nutzungsrechte – jeweils mit Preis
    b) Urhebervermerk ja / nein – jeweils mit Preis
    c) Recht zur Unterlizenzierung und Preis dafür
    d) weitere Detailpunkte: Zeitliche Beschränkung (z.B. 1 Jahr), örtliche Beschränkung (z.B. nur in Deutschland), inhaltlich (z.B. nur in einem Katalog, d.h. Flyer, Kalender etc. wären extra zu honorieren).

Jeder Auftraggeber einer Fotoproduktion ist klug beraten, wenn er die tatsächlich benötigten Nutzungsrechte ausdrücklich benennt und gleich mit einkauft. Nur so kann er sicherstellen, dass seine Kunden, nicht vom Fotografen auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Umgekehrt ist jeder Fotograf gut beraten, wenn er von seinem Auftraggeber den Verwendungszweck genau erfragt, ggf. auch noch weitere Nutzungen abfragt bzw. anbietet, die theoretisch in Betracht kommen könnten, die dem Auftraggeber, z.B. der Marketingabteilung, aber möglicherweise nicht bewusst sind.

Der Fotograf muss zwar, wie das OLG betont, den Kunden nicht über Nutzungsrechte aufklären. Zur Vermeidung von Missverständnissen und Störung der Geschäftsbeziehung wäre es aber vorteilhaft. Wer statt dessen nachher die Kunden seines Auftraggebers auf Schadensersatz verklagt, mag damit zwar Recht und noch etwas Geld bekommen, verliert aber mit ziemlicher Sicherheit den Kunden. Sinnvoller ist es, dem Auftraggeber den nachträglichen Erwerb der für die Unterlizenzierung erforderlichen Nutzungsrechte anzubieten und zwar vor den ersten Abmahnungen gegenüber den Händlern, auch um dem Auftraggeber die Möglichkeit zu geben, eine Störung seiner Geschäftsbeziehung zu den Händlern zu vermeiden.

  1. Preisniveau bestimmt Schadensersatzobergrenze: Wer Nutzungsrechte günstiger als in der MFM-Liste angegeben anbietet, kann später kaum mit guten Erfolgsaussichten einen höheren Schadensersatz einklagen, als er selbst zuvor als Honorar vereinbart oder in vorgerichtlichen anwaltlichen Schreiben gefordert hat.
  1. Prozessrisiko: Der Fotograf muss im konkreten Fall nahezu die gesamten Anwalts- und Gerichtskosten zahlen, die seinen „Gewinn“ aus dem Prozess weit übersteigen. Er hat also zwar in der Sache Recht bekommen, wirtschaftlich aber viel verloren und zwar nicht nur Geld, sondern auch den Kunden.

 

RA David Seiler, berät bundesweit zu Fragen des Fotorechts

Dieser Beitrag ist (leicht gekürzt) in der Zeitschrift Photopresse 03-2016, S. 22- 23 erschienen.