Abmahnungen sind sowohl für den verletzten Rechtsinhaber (Abmahner) als auch für den Rechtsverletzer (Abgemahnter) ein im Grund gutes und sinnvolles, vom Gesetzgeber zumindest im Urheberrecht sogar vorgeschriebenes Mittel eine Rechtsverletzung ohne langwierige und teure Einschaltung von Gerichten schnell und relativ günstig zu klären. Aber Abmahnanwälte, Abmahnunwesen, Abmahnwelle etc. sind Schlagworte, die verdeutlichen, dass das Rechtsinstitut der Abmahnung vielfach einen schlechten Ruf hat. Es mag sein, dass mit Abmahnungen auch Schindluder getrieben wird und überzogene Forderungen gestellt werden. Ein aktuelles Urteil aus dem Bereich des Wettbewerbsrechts zeigt jedoch, dass und warum Abmahnungen ein notwendiges Mittel sind. Aber zunächst zum Grundsätzlichen:

Was ist eine Abmahnung?

Wenn jemand die rechtlichen Interessen eines anderes verletzt hat, z.B. ein Markenrecht, ein Urheberecht, ein Designschutzrecht (früher Geschmacksmuster genannt) verletzt oder einen wettbewerbswidrige Werbehandlung begangen hat, kann der Inhaber der verletzten Rechte oder Interessen die ihm gesetzlich zustehenden Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft über die weiteren Rechtsverletzungen und Schadensersatz einklagen. Normalerweise muss derjenige, der einen Prozess verliert dem Sieger die Prozesskosten (Anwalts- und Gerichtskosten) erstatten. Erkennt er jedoch sofort den per Klage gegen ihn erhobenen Anspruch an, so hat der Kläger die Kosten selbst zu tragen, vgl. § 93 ZPO. Um also die Gerichte zu entlasten und diese Prozesskosten zu vermeiden, gibt es das Mittel der Abmahnung.

Dabei wird außergerichtlich meist durch einen Anwalt dem Rechtsverletzer mitgeteilt, in welcher Handlung von ihm man eine Verletzung seiner eigenen Rechte sieht und was man deswegen von ihm fordert. Die Forderung bezieht sich um Regelfall auf Unterlassung der weiteren Rechtsverletzung, Auskunft über etwaige weitere Rechtsverletzungen und Zahlung von Schadensersatz und zwar für die Rechtsverletzung und für die entstandenen Anwaltskosten. Zudem muss der Rechtsverletzer dem Rechtsinhaber eine Sicherheit dafür geben, dass er die Rechtsverletzung nicht wieder begeht (sogenannte Wiederholungsgefahr). Hierzu ist das schriftliche Versprechen erforderlich, die besagte Handlung künftig zu unterlassen und für den Fall der Verletzung dieses Versprechens eine bestimmten Geldbetrag als Strafe an den Verletzer zu bezahlen. Dies wird Vertragsstrafe genannt – der gesamte Fachausdruck ist „Vertragsstrafe bewehrte Unterlassungserklärung“.

Die Tücke steht hier im Detail: Wie weitgehend wird die Unterlassungserklärung abgegeben? Wie hoch ist die Vertragsstrafe (sie muss so hoch sein, dass sie eine gewissen Sicherheit dafür bietet, dass die Verletzungshandlung nicht wiederholt wird, also einen in Anbetracht des Vorteils aus der Tat und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Verletzers spürbaren Betrag, der abschreckende Wirkung hat und nicht einfach aus der Portokasse bezahlt wird)? Hierbei ist anwaltliche Beratung zu empfehlen.

Eine Abmahnung ist aber nicht nur zur Vermeidung der Kostenlast wegen sofortigem Anerkenntnis des Klageanspruchs geboten, sondern auch teils im Gesetz gefordert. So wurde im Urheberrechtsgesetz ein § 97a UrhG eingeführt, der in Absatz 1 vorschreibt:

„Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen.“

Dem Verleter gibt die Abmahnung die Gelegenheit, die Angelegenheit für ihn schneller und kostengünstiger als durch einen Gerichtsprozess zu erledigen – und ohne die Öffentlichkeitswirkung. Hier ist aber auch Vorsicht und anwaltliche Beratung geboten: liegt in der Tat eine rechtswidrige Handlung vor, die eine Abmahnung rechtfertigt oder – was bei Filesharing-Fällen oft der Fall ist – war der Abgemahnte gar nicht der Täter? Ist die geforderte Unterlassung vom Umfang her gerechtfertigt oder zu weitgehend? Ist der geforderte Schadensersatzbetrag angemessen? Gerade bei Privatpersonen, die für persönliche Zwecke urheberrechtlich geschützte Werke (Fotos, Filme, Musik etc.) genutzt haben, ist der Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten des Abmahnenden auf derzeit 147,56 Euro begrenzt (Anwaltsgebühr aus einem Streitwert von 1.000 Euro), § 97a Abs. 3 UrhG.

Das aktuelle Urteil zur wettbewerbsrechtlichen Abmahnung – Made in Germany

Ein Unternehmen hatte mit dem Werbesolagen „Made in Germany“ geworben, die Produkte aber im Ausland produzieren lassen. Nach einer ersten Abmahnung hatte das Unternehmen erneut mit der falschen Werbeaussage geworben. Daraufhin wurde das Unternehmen direkt auf Unterlassung verklagt, hat die Klage sofort anerkannt und musste folglich nicht die Prozesskosten tragen.

Das Gericht (OLG Hamburg, Beschluss vom 25.08.2015, 3 W 74/15, 3 W 75/15) führt aus:

„Die Antragstellerin hätte die Antragsgegnerin vor Stellung des Verfügungsantrages abmahnen und ihr Gelegenheit geben müssen, die durch das Schreiben vom 05.05.2015 begründete Wiederholungsgefahr durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auszuräumen. Das hat sie nicht getan.“

Rechtlich handelte es sich bei der unwahren Werbeaussage um eine Irreführung, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) unzulässig ist. Rechtsfolge dieser wettbewerbswidrigen Handlung ist ein Anspruch auf Unterlassung, § 8 UWG und Schadensersatz, § 9 UWG .

 

Rechtsberatung zu Abmahnungen

Sie haben eine Abmahnung erhalten oder Ihre Rechte wurden verletzt und Sie überlegen mit einer Abmahnung dagegen vorzugehen? Dann lassen Sie sich beraten – kontaktieren Sie Herrn Rechtsanwalt David Seiler.