Folgen der BGH-Rechtsprechung zur Vermarktung von Fotos, die von Grundstücken aus entstanden sind, die im Privateigentum liegen

In der nachfolgenden Auswertung der vorliegenden Rechtsprechung zum Verhältnis von Eigentum und Fotografie geht es um Grundstücke, die im Eigentum der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg liegen, z.B. Schlösser und Gärten Sanssouci in Potsdam und Charlottenburg, Cecilienhof, Rheinsberg, Jagdschloss Grunewald, Pfaueninsel, Pfingstberg mit Belvedere, Schloss und Park Babelsberg, Schloss und Park Lindstedt, Jagdschloss Stern, Marstall Potsdam, Thiemann-Haus, Schloss und Park Sacrow, Schloss und Park Königs Wusterhausen (ca. 150 Bauten und rund 800 Hektar Gartenanlagen). Details siehe unten.

Abgrenzung zur Panoramafreiheit

Um eines vorweg richtig zu stellen: Das hier zu besprechende Thema hat nichts mit dem Stichwort „Panoramafreiheit“ zu tun. Dieser Begriff beschreibt die Schranke des Urheberrechts eines Werkes (Architekturwerk, Kunstwerke), dass sich dauerhaft an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindet und von dort aus aufgenommen wurde, also dasjenige, welches man als Passant sehen kann, wenn man sich auf öffentlicher Straße bewegt und nicht Privatgrundstücke betritt. Diese gesetzliche Erlaubnis benötigt man als Nutzer, um keine Erlaubnis des Urhebers des abgebildeten Werkes einholen zu müssen.

Wie der BGH in der am 19.01.2017 getroffenen Entscheidung zum Az. I ZR 242/15, East Side Gallery, und zuvor in der Friesenhaus-Entscheidung (BGH, Urteil v. 09.03.1989, Az. I ZR 54/87) entschieden hat, dürfen die unter der Panoramafreiheit des § 59 UrhG aufgenommenen Fotos auch für gewerbliche Zwecke vervielfältigt, verbreitet und veröffentlicht werden.

Wenn es sich um Werke handelt, deren Schutzfristen (70 Jahre nach dem Tod des Urhebers) schon abgelaufen sind, wie bei den Preußischen Schlössern und den darin enthaltenen Kunstwerken, kommt das Urheberrecht und damit auch die Panoramafreiheit nicht zur Anwendung. Die Werke sind dann – aus urheberrechtlicher Sicht – frei, man spricht von Gemeinfreiheit, zur Nutzung durch die Allgemeinheit.

Jedoch kann der Grundstückseigentümer entscheiden, wem und unter welchen Bedingungen überhaupt der Zugang zum Grundstück gewährt wird. Und damit sind wir beim Eigentumsrecht.

Grundstückseigentum und Vermarktungsrecht an Fotos, die auf dem Grundstück entstanden sind

Nach der BGH-Entscheidung vom 17.12.2010, V ZR 45/10 steht dem Grundstückseigentümer das ausschließliche Recht zur Anfertigung und Verwertung von Fotografien von Bauwerken und Gartenanalgen zu, soweit diese Abbildungen von seinem Grundstück aus angefertigt worden sind. Ein Unterlassungsanspruch der Grundstückseigentümerin (der Stiftung) gegen die Bildagentur, die auf dem Grundstück entstandene Fotos vermarkten will, besteht aus § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.Vm. § 903 BGB. Es ist also ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch und kein urheberrechtlicher.

Das Gericht stellt in Randnummer 12 aber auch klar, dass Fotos von fremdem Eigentum dann verwertet werden dürfen, wenn sie ohne Verletzung des (Grundstück-)Eigentums, also von außerhalb aufgenommen wurden.

Wird hingegen das Grundstück betreten, so kann der Grundstückseigentümer den Zutritt beschränken und u.a. Auflagen aufstellen, so wie vorliegend einen Genehmigungsvorbehalt für gewerbliches Fotografieren. Damit soll kein nicht bestehendes „Recht am Bild der eigenen Sache“ geschaffen werden. Aber der BGH ordnet dem Grundstückseigentümer die „Früchte“ des Grundstücks auch in Form der Vermarktungserlöse zu.

Die Pressefreiheit (Rn 27) richtet sich gegen staatliche Eingriffe und gewährt keinen Anspruch gegen das Eigentumsrecht.

Der BGH bestätigt trotz der zwischenzeitlichen Kritik in der juristischen Literatur (Rn 12) seine Entscheidung mit Urteil vom 01.03.2013, Az. V ZR 14/12. Weiter betont der BGH, dass das Urheberrecht des Fotografen, der unberechtigt auf dem Grundstück fotografiert hat, ihm zwar Abwehransprüche gegen Dritte einräumt, ihm aber kein Recht gegenüber dem Eigentümer gibt, die ohne Zustimmung angefertigten Fotos auch zu verwerten (Rn 16).

Im Rahmen der Grundrechtsbetrachtung stellt der BGH fest, dass die Stiftung es der Presse ermöglicht, ihrem Auftrag zur Unterrichtung der Öffentlichkeit ungehindert nachzukommen. Die Bildagenturen können sich nur auf ihr Grundrecht der Berufs- und Gewerbefreiheit, § 12 GG, nicht aber auf die Pressefreiheit nach Art. 5 GG berufen.

Kein Unterlassungsanspruch für Aufnahme vor Eigentumsübergang

In der Entscheidung BGH 19.12.2014, Az. V ZR 324/13 betont das Gericht, dass es auf den Zeitpunkt der Anfertigung der Fotografien ankommt und darauf, ob die jetzige Eigentümerin, welche die Unterlassungsansprüche geltend machen will, zum Zeitpunkt des Fotografierens bereits Eigentümerin war. Wenn sie noch nicht Eigentümerin war, können auch nicht ihre Eigentumsrechte durch das frühere Fotografieren verletzt worden sein und sie hat keine Unterlassungsansprüche. Dass die Aufnahmen erst entstanden sind, als die Stiftung bereits Eigentümerin war, müsse sie darlegen (beweisen).

Da es sich in dem vom BGH entschiedenen Fall um hochwertige und hochauflösende Reprofotos von Gemälden handelt, geht das Gericht davon aus, dass diese Aufnahmen bei dem dazu notwendigen technischen Aufwand nicht ohne Zustimmung des damaligen Eigentümers erfolgt sein können. Die Stiftung musste sogar der Beklagten die außergerichtlichen Anwaltskosten für die unbegründete Abmahnung erstatten.

Für Fotos, die vor dem Eigentumserwerb der Stiftung entstanden sind oder die von außerhalb des Eigentums, also von außerhalb der im Grundbuch eingetragenen Grundstücksgrenzen, entstanden sind, besteht kein Unterlassungsanspruch des aktuellen Grundstückseigentümers, der Stiftung.

Unterlassungsanspruch erst für Fotos ab 23.08.1994 (oder noch später)

OLG Brandenburg, Urteil vom 14.04.2014, Az. 5 U 13/09 (verschickt am 14.4.2016): Das Eigentum der Stiftung bestand jedoch erst seit 23.08.1994 als der Staatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg zur Gründung der Stiftung abgeschlossen wurde. Daher steht der Stiftung gegen die Bildagentur auch für danach entstandene Aufnahmen ein Unterlassungsanspruch zu. Die tatsächliche Eigentumsumschreibung der einzelnen Grundstücke im Grundbuch ist teils deutlich später erfolgt. Gleichwohl hat der BGH auf den Zeitpunkt der Gründung des Staatsvertrages und der darin genannten Liegenschaften abgestellt.

Der BGH erwähnt hingegen in Randziffer 26 des Urteils vom 01.03.2013, Az. V ZR 14/12, dass der Unterlassungsanspruch nur für die sieben Anwesen gelte, an denen die Stiftung durch Vorlage entsprechender Grundbuchauszüge ihr Eigentum nachgewiesen habe und auch erst ab der Eintragung der Stiftung in die betreffenden Grundbücher. In einem neuen Berufungsverfahren müsse festgestellt werden, ob und seit wann die Stiftung Eigentümerin der übrigen Anwesen ist. Diese Feststellung wäre aber dann entbehrlich, wenn die Klägerin auch die Eigentumsrechte der bisherigen Eigentümerin geltend machen könne. Dazu müsste die Stiftung von der vorherigen Eigentümerin (den Ländern Berlin und Brandenburg) neben dem Eigentum auch noch die Verbotsrechte an der Vermarktung ungenehmigter Fotografen eingeräumt bekommen. Ob dies auch noch nachträglich möglich ist, lässt das Gericht offen.

Fazit

  • aktuelle Berichterstattung
    Die Stiftung erklärt, dass bei Bildmaterial für die aktuelle Berichterstattung (gemeint ist die Presseberichterstattung über konkrete aktuelle Ereignisse, z.B. Promi Y besucht das Schloss Y) keine Fotogenehmigung eingeholt werden müsse.
  • Aufnahmestandpunkt außerhalb
    Fotos, die von außerhalb der Grundstücksgrenzen aufgenommen wurden, sind vom Verbotsrecht des Grundstückeigentümers (der Stiftung) nicht betroffen. Da hier nicht die engen Grenzen der Panoramafreiheit gelten, wären auch Aufnahmen von erhöhten Standorten oder aus Drohnen zulässig, jedenfalls von außerhalb des Grundstücks (sofern die Drohnenfotografie im jeweiligen Bereich oder für die jeweilige Fotodrohne an sich zulässig ist).
  • Altfotos mit Genehmigung
    Fotos, die vom Alteigentümer mit Genehmigung angefertigt wurden, können vermarktet werden, ohne dass der aktuelle Eigentümer dies untersagen kann.
  • Altfotos ohne Genehmigung
    Fotos, die vor dem 08.1994 bzw. vor der (späteren) Eigentumsumschreibung des jeweiligen Grundstücks aufgenommen wurden, können vermarktet werden, solange die aktuelle Eigentümerin sich nicht auf abgeleitete Rechte des Alteigentümers berufen kann, wozu bislang nichts vorgetragen wurde. Aktuell beruft sich die Stiftung nicht auf Rechte gegen Altaufnahmen, die vor der Eigentumsumschreibung der jeweiligen Grundstücke entstanden sind (je nach Grundstücke zwischen 1997 – 2010, siehe Az. V ZR 14/12). Um unnötige Nachfragen und Konflikte mit der Stiftung zu vermeiden, ist es sinnvoll, das Aufnahmedatum bei der Veröffentlichung mit anzugeben.

Rechtsanwalt David Seiler, 16.03.2017

Anlage

Grundstücke im Eigentum der SPGS und Datum der Eigentumsübertragung im Grundbuch laut BGH V ZR 14/12

  1. Park Sanssouci mit den Schlössern Sanssouci, Neues Palais, Charlottenhof, Bildergalerie, Neue Kammern, Orangerie, Drachenhaus, Belvedere, Römische Bäder, Chinesisches Teehaus sowie Parkarchitekturen und -gebäuden ab dem 11. Februar 1998,
  2. Neuer Garten einschließlich des Heiligen Sees mit Marmorpa-lais, Schloss Cecilienhof, Meierei, Orangerie und diversen Gar-tenarchitekturen und -gebäuden ab dem 11. Februar 1998,
  3. Schloss und Park Rheinsberg einschließlich aller Nebengebäude, Wasserflächen und Brücken ab dem 27. März 1997,
  4. Schloss und Park Charlottenburg mit den Nebengebäuden Belvedere, Mausoleum und Schinkelpavillon ab dem 5. Januar 2010,
  5. Schloss und Park Sacrow ab dem 16. Februar 1998,
  6. Schloss Glienicke und Parkgebäude ab dem 5. Januar 2010 und
  7. Schloss und Park Königs Wusterhausen einschließlich Neben-anlagen ab dem 24. März 1999;